Vereins-Chronik des MTV Groß-Buchholz von 1898 e.V.

Anno 1898

Sport im MTV Groß-Buchholz bedeutet im historischen Rückblick auf das Gründungsjahr 1898: Ringen, Gewichtheben und Turnen. Es war der Beginn erster sportlicher Aktivitäten in der sehr dörflichen und noch selbständigen Gemeinde Groß-Buchholz.

 Turnfest 1905 Gastwirtschaft Heinrich Hennies Silberstr.
Turnfest 1905
Gastwirtschaft Heinrich Hennies,
Silberstr.

Der damaligen Zeit entsprechend, war die Bezeichnung "Männer-Turnverein" nahezu obligatorisch für die Namensgebung bei vielen hundert Vereinsgründungen vor der Jahrhundertwende bis zum Beginn des 1. Weltkrieges im Jahr 1914. Denn Sport war ausschließlich ein Privileg der Männer unter dem Leitgedanken der körperlichen (Wehr) Ertüchtigung und gleichbedeutend mit Zucht, Ordnung und Gehorsam. Und das regelte § 3 der ersten Vereinssatzung wie folgt: "Zur Aufnahme als Turner ist das erreichte 17. Lebensjahr und unbescholtener Lebenswandel erforderlich". Und § 1 der zeitgleichen Turnordnung: "Das Betragen jedes Turners sei in jeder Beziehung ein Anständiges".

Mit fragenden Blicken werden heute die jüngeren Generationen reagieren, wenn gesagt wird, dass Turnen anno 1898 nicht nur in Groß-Buchholz ein "Kneipen"-Sport war. Zugegeben, eine derart despektierliche Äußerung wäre ein Affront gegenüber der gesamten deutschen Turnerschaft der damaligen Zeit. Doch so war das damals: "Turnen fand auf dem Saale statt". In Groß-Buchholz auf dem Saal von Gastwirt Heinrich Hennies in der Silberstraße (heute: Gasthaus "Zur Eiche"). Turnhallen gab es eventuell weit hinter der Eilenriede in der Stadt Hannover.

Frauen und Mädchen im Männer-Turnverein Groß-Buchholz

Das Turn-Monopol der Männer endete im Jahr 1910. Dokumentiert ist aber auch, dass dieser bedeutende Beschluss erst nach längerer und heftiger Kritik einiger emanzipierter und sportlich interessierter Frauen zustande kam. Zwar bestand bereits seit 1887 im Allgemeinen Leipziger Turnverein eine "Abteilung für das weibliche Geschlecht", doch die Verbände wurden erst ab 1895 aktiv, so der Arbeiter-Turnerbund(ATB) und 1897 die Deutsche Turnerschaft (DT).

Im Vergleich zu den erheblich längeren Entscheidungsphasen wesentlich älterer Turn- und Sportvereine ist der "nur" 12-jährige Denkprozess im MTV doch durchaus bemerkenswert!

Zwischen den Weltkriegen

Im Protokollbuch des MTV-Vorstandes vom 09.10.1915 steht: "Es wurde beschlossen, den Turnbetrieb bis nach dem Kriege ruhen zu lassen". Erst nach mehr als drei Jahren, ab 26.12.1918, liegen wieder Aufzeichnungen eines vorläufigen Vorstandes vor.

MTV Frauen für Olympia 1936 Berlin
MTV Frauen für Olympia 1936 Berlin

Im Jahr 1923 wurde das sportliche Angebot durch Handball erweitert und erstmalig ein Jugendwart und ein Jugendausschuss gewählt. Und erneut erst mit mehrjähriger Verzögerung konnten Frauen und nunmehr auch Mädchen ab 1926 wieder sportlich sein.

Trotz Inflation, Arbeitslosigkeit und Weltwirtschaftskrise waren die nun folgenden Jahre bis zum Beginn des 2. Weltkrieges (1939) für die Mitglieder des MTV eine Zeit großer sportlicher Beständigkeit mit wachsender Mitgliederzahl, insbesondere durch Kinder und Jugendliche.

Und für zehn hübsche und sportliche Mädchen unseres Vereins wurden die olympischen Spiele 1936 in Berlin zu einem unvergesslichen Erlebnis. Gemeinsam mit 180 Mädchen, u.a. aus der Loges-Schule Hannover, gestalteten sie am 08.08.1936 im Olympia Stadion mit gymnastischen Vorführungen die Rahmenprogramme zwischen den olympischen Wettkämpfen.

Krieg, Elend und Verlust der Sportstätten

Der 2. Weltkrieg mit seinen noch heute kaum vorstellbaren menschlichen Tragödien und wirtschaftlichen Folgen brachte auch in Groß-Buchholz den gesamten Sportbetrieb zum Erliegen. In der Nacht vom 08.zum 09.02.1943 vernichteten Bomben den Stegmannschen Saal in der Silberstraße (heute: China-Restaurant "Große Mauer") einschließlich der meisten Turn- und Sportgeräte, den Vereinsschrank mit der Fahne und vielen ebenfalls unersetzlichen Vereinsunterlagen. Der Sportplatz war durch eine Flakstellung zweckentfremdet und die wehrpflichtigen Vereinsmitglieder waren irgendwo im kriegerischen Europa.

Start in die Gegenwart

Nach der Aufhebung des Vereinsverbotes durch die britische Militärregierung und einigen nicht lösbaren Organisationsfragen zwischen den ehemaligen Sportvereinen der hannoverschen Oststadt erfolgte am 03.02.1946 die Neugründung des Männer-Turnverein Groß-Buchholz v.1898 e.V. unter der Leitung von Walter Plötz als 1. Vorsitzenden (bis 1976).

Eine kaum zu wiederholende Solidargemeinschaft aus vielen MTV-Mitgliedern war mit Ehrgeiz und großem körperlichen Einsatz um die Geschicke und den Aufbau des Vereins bemüht. Der als Flakstützpunkt verwüstete Sportplatz an der Schierholzstraße wurde wieder hergerichtet. Stellvertretend für die noch in Krieggefangenschaft befindlichen Ehemänner und Väter verrichteten "MTV-Trümmerfrauen" Knochenarbeit beim Aufräumen des ausgebrannten Stegmannschen Saales.

Buchholzer Schützenfest 1953
Buchholzer Schützenfest 1953

Von 1957 bis 1977 Ferienfahrten von bis zu 107 MTV-Kinder mit der hannoverschen Sportjugend nach Otterndorf/Elbe und zum Priwall/Ostsee. 1958: Erweiterung des sportlichen Angebotes durch Mutter- und Kindturnen; 50-jähriges Vereinsjubiläum mit großem Schauturnen und Hallensportfest. Mit der zunehmenden Wohnbebauung entstanden in den Folgejahren die Turnhallen Rehmer Feld-Schule (1963), In-den-Sieben-Stücken Schule (1966), das Nord/Ost-Bad (1970), IGS-Roderbruch (1973), Heinrich-Ernst-Stötzner-Schule (1975).

Die Dekade von 1970 bis 1979 war für den MTV die entwicklungsreichste Zeit seit seiner Gründung. Nicht allein der Bau des eigenen Vereinsheimes mit acht Tennisplätzen neben der IGS Roderbruch an der Rotekreuzstraße 25 symbolisierte den beginnenden Aufbruch.

Mit fünf neuen Abteilungen: Schwimmen (1970 bis 1990), Tennis (1973), Volleyball (1974), Fußball (1975), Tanzen (1979), dazu Skigymnastik (1979; als Kursus auch für Nichtmitglieder) wurde das bestehende Sportangebot kurzerhand verdoppelt. Das hatte die erfreulichen Folge, dass sich auch der Mitgliederbestand auf rd. 1.900 (1988) verdoppelte.

Aber u.a. durch die Auflösung der Schwimmabteilung (nach Neubau des Nord/Ost-Bades (1992) nur noch kommerzielle Nutzung), den Abriss der Rehmer-Feld Schule (2004) konsolidierte sich der Bestand auf aktuell etwa 1400 Mitglieder. Mit Badminton (1989), Gesundheitssport (1992), Integrativem Behindertensport (1994), Cheerleading (2003) sowie orthopädischem und Koronar-Reha-Sport hat der MTV sein Sportangebot inzwischen stark ausgeweitet.

Das 110-jährige Vereinsjubiläum im Jahr 2008 wurde als großer Tag der offenen Tür für die ganze Familie mit vielen Mitmachangeboten, einem Gesundheitsforum in Kooperation mit Annastift und MHH, sowie Show und Prominenz aus Politik und Gesellschaft gefeiert.

Mit Trampolinturnen (2009), Qi Gong (2015) und Darts (2015/16) bildeten sich auch in jüngerer Vergangenheit des Vereins neue Abteilungen und erweiterten das Angebot für die Sporttreibenden.